Uetliberg: von Wegen und Abgründen

Atemberaubende Lage einer Clubhütte in der Fallätsche (Bild: ZBZ)

Nach einer feuchtfröhlichen Runde im neu eröffneten Gasthaus auf Uto Kulm geht Friedrich von Dürler (1804–1840), Sekretär der Zürcher Armenpflege und ein berühmter Alpinist, an einem Sonntag im März 1840 zu Fuss nach Hause. In einer steilen Rinne verunglückt er tödlich, wie Gottlieb Binder im Buch «Der Ütliberg und die Albiskette» berichtet.

Dort, wo sich Dürler von seinen Kumpanen getrennt hat, steht heute der Dürlerstein. Er erinnert daran, dass neben zahmen Spazierwegen wie dem Denzler-, dem Laternen- oder dem Hohensteinweg auch Trampelpfade und abschüssige Wege auf den Zürcher Hausberg führen. Sie zeigen die rauen Seiten des Uetlibergs und sind zum Beispiel in der Fallätsche zu finden.

Es wird nicht nur auf den Uetliberg geklettert, gewandert oder spaziert, sondern auch darüber geschrieben. Der Uetli ist geradezu ein Literaturberg, der unter anderem bei Gottfried Keller (1819–1890) oder im fantasievollen Bericht «Die Erstbesteigung des Uetlibergs mit Sauerstoff» die Hauptrolle spielt.

Touristische Erschliessung: Eselsmilch und Dampfrösser

Gast- und Kurhaus im Schweizer Holzstil auf dem Uetliberg-Gipfel, 1839/40 von Architekt Johann Jakob Breitinger erbaut (Bild: ZBZ)

Bereits um 1805 schreibt der Verfasser der ersten Schweizer Reiseführer, Johann Gottfried Ebel (1764–1830), zum aussichtsreichen Panorama des Uetlibergs: «Die grosse und herrliche Übersicht ist hier, wie bey der Hochwache Albis, nur wegen des verschiedenen Standpunktes verändert, unumschränkter und ausgedehnter.»

So richtig los ging es mit dem Tourismus auf dem Uetliberg um 1840, als die Stadtbevölkerung den Uetliberg als Naherholungsgebiet entdeckte und auf dem Uto Kulm ein erstes Gasthaus gebaut wurde. Der Wirt bot Eselsmilch und Molkenkuren an. Diese erste Zeit des Tourismus war nicht besonders ertragreich, da das Ausflugsgeschäft wetterabhängig und der Weg nach oben auch beschwerlich war. Erst der Bau der Uetlibergbahn gegen Ende des 19. Jahrhunderts schaffte Abhilfe.

Der Uetli ist ein beliebtes Wander- und Naherholungsgebiet mit Konfliktpotenzial. Kommerzielle Interessen und Ansprüche der Öffentlichkeit insbesondere auf die Uetlibergspitze galt und gilt es in Einklang zu bringen.

Vom Tourismus auf dem Bachtel

Der Aussichts- und Sendeturm auf dem Bachtel, daneben das Restaurant Bachtel Kulm (Bild: Restaurant Bachtel Kulm)

Auch der Bachtel, oft die «Rigi» des Zürcher Oberlandes genannt, ist ein beliebter Aussichtsberg. Alte Reiseführer loben sein Panorama, wie in Gottfried von Eschers (1800–1876) «Neuestem Handbuch für Reisende in der Schweiz» von 1851 zu lesen ist: «ausgedehnte Aussicht auf den obern Theil des Zürichsees […] und den schönen Gebirgskranz vom Sentis bis zu den Berner-Oberländer-Hochalpen.»

Dass die Naturbegeisterung im 19. Jahrhundert zunehmend Bildungsbürger in die Berge trieb, ist auch dadurch belegt, dass der bekannte Panoramazeichner Heinrich Keller (1778–1862) um 1849 die Rundsicht vom Bachtel Kulm aus in einem Panorama festhielt.

Beachtlich ist, was alles unternommen wurde, um den Tourismus zu fördern. Nebst Aktivitäten wie Schwingen (Bachtel Schwinget), Steinstossen und «Fingerhöggeln» wurde 1856 ein Kur- und Gasthaus und später ein Aussichtsturm gebaut. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hielt auch der Wintersport Einzug auf dem Bachtel.

Der alte Turm

Wirtschaft und Aussichtsturm auf dem Bachtel, um 1900. Die Schweizerfahne auf dem Turm ist von Hand gezeichnet (Bild: Michael Held / ZBZ)

«Auf der Plattform des Bachtelturms jedoch, nach den 30 Metern, fühlten wir uns wie Gipfelstürmer. Wind in den Haaren. Im Süden die Berge, Glärnisch und Tödi [...]», schreibt der auf der Ostseite des Bachtels aufgewachsene Schriftsteller Emil Zopfi über den alten Bachtelturm.

Zur Steigerung der Attraktivität liess der Wirt des ersten Gasthauses auf dem Bachtel in den 1870er-Jahren nebst Kegelbahn einen hölzernen Turm mit Aussichtsplattform und farbigen Fenstern bauen. Ein Wintersturm fegte im Januar 1890 übers Zürcher Oberland. Vom Turm blieben nur ein Haufen Holz und farbige Scherben übrig.

Nachdem Mitglieder der SAC-Sektion Bachtel Geld gesammelt hatten, baute man einen neuen Stahlturm mit Aussichtsplattform und Alpenzeiger. Nach fast 100 Jahren musste dieser Turm einer neuen Sendeanlage weichen. Er wurde demontiert, renoviert und nach sieben Jahren auf dem Pfannenstil wiederaufgebaut. Dort ist er unter dem Namen «alter Bachtelturm» bekannt.

Übrigens: Nicht nur der Bachtel hat einer Sektion des Schweizerischen Alpen-Clubs seinen Namen gegeben. Der Namensgeber des SAC-Sektion Uto ist – mit einer Namensvariante – der Uetliberg.

Von Hochwachten und Höhenfeuern

Ein klarer Tag im goldenen Herbst lädt zu aussichtsreichen Ausflügen auf den Uetliberg, den Bachtel, den Pfannenstil und andere Zürcher Aussichtsberge wie den Stadlerberg und den Zürichberg ein. Was haben diese Berge nebst Aussicht gemeinsam? Auf ihnen standen einst Hochwachten, auch Hochwarten oder Hohwachten genannt.

Diese Benennung tragen erhöhte, aussichtsreiche Punkte, auf denen Einrichtungen zur Alarmierung im zürcherischen Kantonsgebiet standen. Sie gehörten zu einem Alarmsystem, das als Vorläufer der elektrischen Telegrafie angesehen werden kann, denn es diente zur Weitergabe von Signalen. Bei Nacht signalisierte man mit Feuer, bei Tag mit Rauch und bei Nebel mit Böllerschüssen.

Die Hochwachten sind Vergangenheit. Heute erinnern Flurnamen wie Guggershörnli und Wachthubel an das einstige Alarmsystem. Aussichts- oder Sendetürme stehen auf den Hügeln, die beliebte Ausflugsziele sind und Orte, wo gerne Höhenfeuer entzündet werden.

Buchhinweise

Das Fachreferat Sport und Alpinismus empfiehlt:


Daniel Stettler, Fachreferent für Wirtschaft, Sport und Alpinismus
und Kontaktperson für die SAC-Bibliothek in der ZB Zürich
Oktober 2021


Header-Bild: Der Uetliberg im Nebelmeer, im Hintergrund die Glarner Alpen, um 1900 (Edition Photoglob/ZBZ)