18. August 2010 - 20. November 2010

Ausstellungsraum

Katalogsaal
Zähringerplatz 6
8001 Zürich

Jeanne Hersch: Philosophin und Zeitzeugin des 20. Jahrhunderts

Die Ausstellung vermittelt anhand ausgewählter Exponate aus dem Nachlass ein Bild von Jeanne Hersch und ihrem Wirken und stellt die Auseinandersetzung und die Begegnung der Philosophin mit ihrer Epoche dar.

«Erlebte Zeit» charakterisiert die Person Jeanne Hersch vortrefflich. Denn für die 1910 in Genf geborene Philosophin kann der Mensch seine Zeit nur dann wirklich erleben, wenn er sie aktiv durchlebt, ihr im Hier und Jetzt begegnet, sich mit ihr auseinandersetzt und handelnd auf sie einzuwirken versucht. Dieser Überzeugung blieb Jeanne Hersch bis zu Ihrem Tod im Jahr 2000 treu.

Jeanne Hersch war bemüht, die Entwicklungen ihrer Epoche zu verstehen und sie ihren Mitmenschen zu erklären. Neben ihren zahlreichen philosophischen Schriften fanden besonders ihre gesellschaftskritischen Kommentare Beachtung. Unerschrocken, bisweilen auch provokativ, äusserte sie sich zu den Problemen ihrer Zeit. So prägten ihre Stellungnahmen – etwa zu den Jugendbewegungen der 1960er und 1980er Jahre – die öffentliche Debatte nachhaltig. Aber nicht nur als Kommentatorin reagierte sie auf die Fragen der Zeit, sondern sie versuchte durch ihr politisches, soziales und kulturelles Engagement auch aktiv handelnd auf sie einzuwirken. Wie kaum eine andere Persönlichkeit hat Jeanne Hersch die Möglichkeit wahrgenommen, ihre Zeit zu erleben und sie zu beeinflussen.

Ihr Nachlass in der Zentralbibliothek Zürich ist denn auch das Zeugnis einer Vita, an der die Zeit nicht einfach vorbeigegangen ist. In den mehr als hundert Archivschachteln finden sich Dokumente, Manuskripte und Fotografien, die eine ganze Epoche widerspiegeln: Sie berichten von Herschs Kindheit in Genf und den Studienjahren in Heidelberg und Freiburg, wo sie ihrem späteren Lehrer Karl Jaspers begegnete, aber auch miterleben musste, wie sich der Nationalsozialismus in Deutschland ausbreitete. Zahlreiche Dokumente zeugen von ihrer Lehrtätigkeit an der Universität Genf, ihrer Arbeit für die UNESCO, ihren Reisen, ihrem Kampf für die Menschenrechte, dem Engagement für ein vereintes Europa und ihrer intellektuellen Auseinandersetzung mit den Ideologien, die das 20. Jahrhundert beherrschten. Umfangreiche Briefwechsel zeigen ausserdem ihre Verbindungen zu den einflussreichsten Exponenten in Politik, Wirtschaft und Kirche. Ihre Vorträge und Publikationen illustrieren zudem eindrücklich, wie sie ihr ganzes Schaffen in den Dienst einer philosophischen Lehre stellte, die dem Menschsein, der Freiheit und der Verantwortung verpflichtet war.

Weitere Anlässe zum 100. Geburtstag von Jeanne Hersch: www.jeanne-hersch-gesellschaft.ch


Mit freundlicher Unterstützung des Lotteriefonds Kanton Zürich und der UBS Kulturstiftung
Unter dem Patronat der Schweizerischen UNESCO-Kommission

Ausstellungskonzept: Gunnar Dalvit, Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich, in Zusammenarbeit mit Monika Weber, Präsidentin der Jeanne Hersch-Gesellschaft, Andrea Sommaruga, Ivan Vyskocil und Eveline Ruf