Lara Stoll: diesmal ein Buch

«Hallo» von Lara Stoll

Dezember 2021. «Hallo», sagt Frau Stoll zu den drei Polizisten in Vollmontur, die an einem verschlafenen Herbstmorgen bei ihr klingeln. «Hallo» sagt sie mit ihrem neuen und ersten Buch «Hallo» auch zu ihren Leserinnen und Lesern. Die Wahlzürcherin lädt ein in ihre Welt: die Welt eines Millenials in der Kunst- und Kulturszene, die Welt einer 34-jährigen Poetry-Slammerin, Filmerin, Schauspielerin, Musikerin und jetzt auch Autorin.

Das Buch ist eine eigenwillige Sammlung von Kurztexten, meist in Hochdeutsch, manchmal in Mundart, manchmal in Englisch. Fotografien ergänzen die Prosatexte und Gedichte. Sie erzählen scheinbar leichtfüssig das Leben einer preisgekrönten Künstlerin – Lara Stoll wurde 2010 Schweizermeisterin und Europameisterin im Poetry Slam, 2021 erhielt sie den renommierten Salzburger Stier – und einer Generation, die sie selbst als «eher apolitisch» empfindet.

Mir sind alli elai
am Fonduplausch
Mir sind alli elai
Schwiz geg Argentinie

Mir sind alli elai
die unendliche Geschichte
sones Theater

schreibt Lara Stoll nach einem Gedicht für die Queen und vor einem Text über «Haare Haare Haare». Das verspielte Buch, in dem zwischendurch etwas Melancholie aufblitzt und Lara Stoll auch die grossen Fragen streift, zeigt nicht nur inhaltlich, sondern auch formal die urbane Zürcher Generation Y.

Alltagsleben in Zürich

«Zürich – ein historisches Porträt» von Hans Peter Treichler

November 2021. Wer eine abendliche Einladung erhielt, nahm in Zürich anfangs des 19. Jahrhunderts seine «Visitenlaterne» mit, gutbürgerliche Familien liessen sie vom Dienstmädchen tragen. Eine flächendeckende öffentliche Beleuchtung gab es in der Limmatstadt damals nämlich nicht und die Bewohnerinnen und Bewohner hatten abends eine Laternentragpflicht. Kerzen und Fackeln waren wegen der Brandgefahr verboten.

Mit seinem historischen Porträt erweckt der Kulturhistoriker Hans Peter Treichler den Stadtzürcher Alltag früherer Zeiten zum Leben. In 17 Themenschwerpunkten erzählt der Autor von laternentragenden Zürcherinnen und Zürchern, von Kleinbrötlern und Pastetenbäckern, dem Rössli- und dem elektrischen Tram, von Verbrechen, der Natur, der Rolle der Frau und vielem mehr.

«Zürich – ein historisches Porträt» ist eine Hommage an Zürich und ein Nebenprodukt zahlreicher Recherchen und Publikationen. Erschienen ist das Buch posthum. Hans Peter Treichler war ein Leben lang ein vielseitiger Macher. Als Sänger, bei Radio und Fernsehen, als Ausstellungskurator und Autor begeisterte er für aktuelle und vergangene Alltagskultur.

Der Verlag hat sein historisches Porträt der Stadt Zürich mit Schwarz-Weiss-Fotografien bebildert. Lektorin Mira Imhof und Verleger Bruno Meier «hoffen, dass alle Zürich-Fans das Buch schätzen werden.» Sie finden es in unserem Freihandbestand und bald auch in der Turicensia Lounge.

Koloniale Verstrickungen

«Weltwärts. Die globalen Spuren der Zürcher Kaufleute Kitt» von Ina Boesch

Oktober 2021. «War einer meiner Vorfahren tatsächlich ein Kolonialherr gewesen? Möglicherweise ein Plantagenverwalter? Gar ein Sklavenhändler?» Ina Boesch schob diese Fragen zunächst beiseite, als sie zufällig von kolonialen Machenschaften eines gewissen Salomon Kitt las. Doch schliesslich siegte die Neugier.

Die Kulturwissenschaftlerin und Publizistin begab sich auf die Spuren ihrer Vorfahrinnen und Vorfahren, die von Zürich aus in die Welt führen: in die Niederlande und die Karibik, nach Surinam, Ägypten und an viele andere Orte – und wieder zurück, zur Zürcher Kochbuchautorin Anna Margaretha Gessner-Kitt (*1652).

Ina Boesch weiss, wie man Geschichten und Geschichte erzählt. Die ehemalige Kulturredakteurin und Radioautorin ist selbst eine der Protagonistinnen ihres Buches «Weltwärts. Die globalen Spuren der Zürcher Kaufleute Kitt». Sie lässt sich von den Leserinnen und Lesern beim Recherchieren über die Schulter schauen und spricht ihre Vorfahrinnen und Vorfahren im Text auch einmal direkt an. So holt sie mit «Weltwärts» ein Stück Kulturgeschichte in die Gegenwart.

Am 3. November erzählt Ina Boesch bei uns in der Zentralbibliothek Zürich aus ihrem Buch. Der Anlass ist Teil unserer neuen Veranstaltungsreihe «Zürich im Buch». Natürlich finden Sie «Weltwärts. Die globalen Spuren der Zürcher Kaufleute Kitt» in der Turicensia Lounge im Lesesaal und im Freihandbestand.

Chronik des «Chreis Cheib»

«Aussersihl bewegt – der Zürcher Kreis 4» von Hannes Lindenmeyer

September 2021. Hannes Lindenmeyer erzählt die Geschichte von Aussersihl als Geschichte der Cooperativa italiana, der Kommunistin Rosa Bloch, der Sozialutopie «bolo’bolo» und des Fussballs. Was diese Chronik des «Chreis Cheib» zusammenhält, ist der Blick auf die Zivilgesellschaft. Lindenmeyer weiss, wovon er schreibt: Er lebt seit Mitte der 70er-Jahre im Zürcher Kreis 4 und ist Mitglied von über dreissig Vereinen und Vereinigungen.

Aussersihl war lange der Ort, an den Zürich das Unbequeme verbannte: den Galgen, die lauten Industriebetriebe und die «Cheibe», die Tierkadaver. Aus dem Vorort und «Unort» wurde ein Quartier, das bis heute in Bewegung ist.

Nicht ein unscheinbarer weisser, sondern ein roter Buchbinderfaden hält den Band «Aussersihl bewegt» aus dem Rotpunktverlag zusammen. Einmal mehr hat Buchgestalterin Patrizia Grab einen spannenden Text – und in diesem Fall auch zahlreiche Bilder – in eine schöne und dem Gegenstand entsprechende Form gebracht. Das Buch steht in unserer Turicensia Lounge und bald auch im Freihandbestand. Weitere Bücher, Buchkapitel, Zeitungs- und Zeitschriftenartikel über den Kreis 4 finden Sie in der Zürcher Bibliographie.

Rollenspiele

«Menschen wie Dirk: Short Storys» von Julia Kohli

Juli 2021. Menschen wie Dirk. Und Irina. Urs. Diana. Pierre, Samantha und Kurt. Sie reisen mit dem neuen Tattoo nach Mexico, flirten ungeschickt auf Facebook und hassen ihren Flight-Attendant-Job. Im Buch «Menschen wie Dirk» taucht die Zürcher Autorin Julia Kohli kurz, aber intensiv in sieben Leben ein. Scheinbar gnadenlos beschreibt sie, wie sich ihre Protagonistinnen und Protagonisten an den Geschlechterrollen abarbeiten, in Zürich und anderswo.

«Kurt, kannst du dir vorstellen, dass es Frauen auf Stellensuche gibt, vielleicht mit Doktortitel, (…) die diesen Kurs (…) mit Handkuss übernehmen würden? Von denen wir vielleicht auch etwas lernen würden?» Nicht nur Kurt, Dozent an einer Kunstakademie, stellt sich mit «Menschen wie Dirk» die eine oder andere Frage. Sieben schnelle Texte für alle, die zwischen Glace, Ferien und Sommergewitter wieder einmal mit der Gender-Brille auf die Gesellschaft schauen möchten. Zartbesaitete lassen die Short Story «Samantha» besser weg oder greifen gleich zu Julia Kohlis Essay «Die langsame Menschwerdung der Frau» im «Magazin» des «Tages-Anzeigers» vom 24. April.

«Menschen wie Dirk» steht in unserer Turicensia Lounge und im Freihandmagazin, Julia Kohlis Erstling «Böse Delphine» ebenfalls.

Labitzke – eine andere Stadt erproben

«Labitzke Farben: archäologische Untersuchung einer Stadtutopie» von Diana Bärmann

Juni 2021. «Mit Utopie meine ich hier nicht eine Art Schlaraffenland», schreibt Autorin Diana Bärmann, «sondern einen Ort, an dem unterschiedlichste Menschen auf engstem Raum ihren Interessen nachgehen können.» Dieser Ort ist das Areal der ehemaligen Labitzke Farben AG während der Zwischennutzung, die über 20 Jahre dauert und 2014 endet. Einer dieser unterschiedlichsten Menschen ist die Autorin von «Labitzke Farben: archäologische Untersuchung einer Stadtutopie» selbst.

Auf dem Labitzke-Areal trafen Kultur- und Wohnexperimente auf Randgruppen, Kleinunternehmertum und Kunstschaffende. In zahlreichen Interviewpassagen lässt Diana Bärmann Arealnutzende selbst zu Wort kommen. Zusätzliche Perspektiven auf das Sozialexperiment Labitzke eröffnen Textbeiträge von drei weiteren Autorinnen und Autoren sowie eine Objektsammlung in Form von Zeichnungen. Eine Chronik, ein Glossar und ein Faltplan ergänzen und erweitern die vielstimmige Erzählung.

Das bunte Buch mit der offenen Fadenheftung und dem eigenwilligen Faltplan lässt erahnen, wie es sich angefühlt hat, während der Zwischennutzung auf dem Labitzke-Areal zu wohnen, zu arbeiten, seinen Verein zu treffen. «Sie alle», schreibt Diana Bärmann über die ehemaligen Zwischennutzenden, «tragen ein Stück der Utopie weiter, der wir hier für einen Moment ganz nahe gekommen sind.»

«Labitzke Farben: archäologische Untersuchung einer Stadtutopie» steht neu in der Turicensia Lounge. Mehr Lektüre zur Stadtentwicklung von Zürich finden Sie in der Zürcher Bibliographie.

Zucht und Ordnung auf dem Bachtel – ein Stück Sozialgeschichte

«Vom ‹Hof im Chellerloch› zum offenen Freiheitsentzug» herausgegeben von Theo Eugster, Direktor Vollzugseinrichtungen Zürich (VEZ)

Mai 2021. «Det obe» waren die Esel der Schumachers in den Ferien. Dort oben gab es einen Turnplatz, auf dem Barbara Schnyder als Kind gern spielte. Und dort oben flüchtete hin und wieder einer, aber nie ins Dorf, immer Richtung Bahnhof. Im Buch «Vom ‹Hof im Chellerloch› zum offenen Freiheitsentzug» erinnern sich Bewohnerinnen und Bewohner von Ringwil im Zürcher Oberland an das Leben mit der «Kolonie», die heute Vollzugszentrum Bachtel heisst.

Die Historikerin Claudia Fischer-Karrer erzählt die Geschichte des Gefängnisses und verortet dieses im gesellschaftlichen Ganzen. Vor 140 Jahren nimmt die «staatliche Korrektionsanstalt» für Jungen in Ringwil den Betrieb auf. Heute bietet das Vollzugszentrum 94 Haftplätze für erwachsene Männer im offenen Strafvollzug, viele von ihnen verbüssen Ersatzfreiheitsstrafen.

Offener Strafvollzug? Ersatzfreiheitsstrafe? Was das genau ist und wieso es wichtig ist, darauf gehen im ausgiebig bebilderten Band Expertinnen und Experten ein. Porträts von Insassen und Mitarbeitenden eröffnen Einblicke in den Mikrokosmos Gefängnis.  

Das Buch «Vom ‹Hof im Chellerloch› zum offenen Freiheitsentzug» ist anlässlich der Einweihung des Neu- und Erweiterungsbaus entstanden, die mit dem 140-Jahr-Jubiläum zusammenfällt. Es steht in unserer Turicensia Lounge und im Freihandbestand. In der Zürcher Bibliographie finden Sie weitere Lektüre zum Strafvollzug im Kanton Zürich.

Marthalen mon amour

«Fleudebüel, Pfaffeholz und Strick», Marthalen 2020, Signatur: 2021 B 10343

April 2021. Dem «Süüheini» ist in Marthalen, auf dem Feld oberhalb der unteren Mühle, wohl etwas Trauriges oder Lustiges passiert, sonst würde das Stück Land nicht seinen Namen tragen. Was dem Schweinehirten Heini damals wiederfahren ist, hat der Historiker Reinhard Nägeli leider nicht herausgefunden. Sicher ist aber, dass die Marthaler in früheren Zeiten jährlich einen Kuh- und einen Schweinehirten wählten.

In «Fleudebüel, Pfaffeholz und Strick» lässt der Autor Marthaler und Elliker Flur-, Wald- und Ortsnamen sowie die Namen alteingesessener Familien von früher erzählen. Nägeli ist den Geschichten seines Heimat- und Wohnort mit viel Liebe und Sorgfalt auf der Spur und auch der eigene Nachname fehlt nicht im Buch.  

Der Band zeigt das beschauliche Marthalen von früher und heute mit seinen malerischen Feldern, Wäldern und Riegelhäusern. Es ist schön im Zürcher Weinland, unaufgeregt schön. «Fleudebüel, Pfaffeholz und Strick» steht in unserer Turicensia Lounge und in der Zürcher Bibliographie erfahren Sie noch mehr über die Gemeinde Marthalen.

Zürich in Geschichten

«Zürich zum Verweilen», Ditzingen, 2020, Signatur: DA 93882

März 2021. «In der Stadt ist es eigentlich auch nett», sagt das kleine Lotti im Zürcher Jugendbuchklassiker «Die Turnachkinder im Sommer». Mit Auszügen aus dieser und anderen Geschichten zeigt Herausgeber André Gstettenhofer, dass sie mehr als nett ist, die Stadt an der Limmat. Zur Villa Bellerive, in die Josefstrasse und bis nach Oerlikon und Zürich West führt er die Leserinnen und Leser in «Zürich zum Verweilen». In kurzen Einleitungstexten werden die 17 literarischen Schauplätze ganz real.

Von den FKK-Sonnenterrassen in der Badi Tiefenbrunnen, von Ghackets mit Hörnli im Sphères und Franz Hohlers Gedicht auf dem Lindenhof erzählt André Gstettenhofer. Neben Klassikern gibt er auch zeitgenössischen literarischen Stimmen Raum - nicht zuletzt aus seinen eigenen Verlagen Elster & Salis und lectorbooks, zum Beispiel dem Zürcher Schriftsteller Thomas Meyer mit seinem Antihelden Wolkenbruch.  

«Zürich zum Verweilen» ist in der noch jungen Reclam-Reihe «… zum Verweilen» erschienen. Weitere Zürcher Stadtführer finden Sie in unserer Turicensia Lounge und in der Zürcher Bibliographie.

Der umkämpfte Zürcher Wohnungsmarkt – ein Krimi

«Zürcher Filz», Köln, 2020, Signatur: 2021 A 10442

Februar 2021. Bezahlbare Wohnungen sind rar in Zürich – so rar, dass manche dem Glück auf die Sprünge helfen. Als eine reiche Zürcher Immobilienerbin verschwindet, ermitteln Zita Schnyder und Werner Meier auf dem umkämpften Zürcher Wohnungsmarkt. Eine Entführung? Mord? Im Krimi «Zürcher Filz» erfährt das Duo, wie weit die Wohnungsjäger gehen.  

Die Zürcher Autorin Gabriela Kasperski erzählt von einer geheimnisvollen Frau im Park, von herrschaftlichen Villen und einer Stiftung für preisgünstiges Wohnen. «Zürcher Filz» ist ihr sechster Fall mit Schnyder und Meier.

Weitere Zürcher Krimis finden Sie in der Zürcher Bibliographie, in der Dokumentation zur Ausstellung «Gift, Hieb, Stich» und sobald unsere Lesesäle wieder offen sind im Krimi-Regal der Turicensia Lounge.

Das neue Kunsthaus Zürich

«Das neue Kunsthaus Zürich», Zürich, 2020, Signatur: DW 25820

Januar 2021. Fünf Jahre und vier Monate lang war am Heimplatz eine Baustelle. Seit Dezember ist der Erweiterungsbau des Kunsthauses Zürich nun fertig, nächsten Herbst öffnen seine Tore für die Öffentlichkeit.

In «Das neue Kunsthaus Zürich» spricht Museumsdirektor Christoph Becker über das Erweiterungsprojekt, Rahel Fiechter gibt Einblick in ihre Arbeit als Gesamtleiterin der Bauherrschaft und eine Chronik zeichnet den langen Weg von der Idee zum fertigen Gebäude nach. Auch Themen wie Ökologie und die Bedeutung für die Stadt finden einen Platz im schmalen Band. Fotografien lassen die Baustelle, die den Heimplatz so lang geprägt hat, wieder aufleben.

In unserer Turicensia Lounge können Sie in der Publikation blättern. Ausstellungskataloge und weitere Lektüre zum Kunsthaus Zürich finden Sie in der Zürcher Bibliographie.

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Header-Bild: Auf der Grundlage einer Postkarte des Zürcher Wappenlöwens beim Hafen Enge, um 1910 (ZB Zürich)